Kloster & Klosterkirche Egeln Marienstuhl
Klosterkirche Marienstuhl – Ein bedeutendes Beispiel mitteldeutscher Barockkunst in Egeln Die heutige Klosterkirche, bereits die Dritte an gleicher Stelle, wurde in den Jahren 1732-34 als letztes Gebäude im Zuge der 1696 begonnen Klostersanierung errichtet. Dabei wurde die alte, gotische Kirche fast vollständig abgetragen und um ein Drittel vergrößert wieder aufgebaut, so dass sie nach Osten hin aus dem Klausurquadrum herausragte. Seit der Zerstörung des Ost- und Südflügels der Klausur, durch einen Brand im Jahre 1825 ist die Kirche nur noch am Westgiebel mit der Klausur verbunden. Bereits die für die Erbauungszeit in unserer Gegend untypische, klassizistische Außenfassade den Einfluss einer fremdländischen Bauhütte erkennen. Breite ionische Pilaster in gutem Quaderwerk, deren Kapelle (mit Voluten, Ochsenaugenfries und Eierstab) wuchtig gedrückt wirken, die Fenster dazwischen flachbogig und mit Quaderleisten eingefasst. Darüber ein mächtig ausladendes Dachgesims. Obwohl in der Bauzeichnung nur ein Glockenjoch vorgesehen war, wurde dann doch ein 36 m hoher Dachreiter aufgesetzt, sicherlich auch Statussymbol einer katholischen Enklave inmitten eines evangelischen Landes. (die Ordensregel der Zisterzienser erlaubt nur kleine Dachreiter) Über dem Eingangsportal finden wir die Wappen und Namen der Äbtissinnen Katharina Musäus (bis 1733) und Margaretha Müller (ab 1733), die nur Zeit der Erbauung dem Konvent vorstanden. Darüber in einer Barockmuschel die thronende Gottesmutter (Marienstuhl) als Patronin des Klosters sowie der Ordensstifter Bernhard von Clervaux mit den Leidenswerkzeugen und der Abt Stephan Harding mit der Ordensregel „Carta Caritatis“. Der Grundriss der Kirche bildet ein Rechteck, am Ostende abgeschrägt, von 8,10 m mal 41 m, dreiteilig gegliedert im Chor, Laien- und Nonnenkirche. Die letzte ist zweigeschossig, unten nach Art einer Krypta, zweischiffig auf einer mittleren Pfeilerstellung und entsprechenden Wandvorlagen in drei Jochen kreuzgewölbt. Von hier aus führt eine an den mittleren Pfeiler gelehnte doppelte Stiege zur Nonnenempore mit Orgel, Chorgestühl und Marienaltar. Hiervon unberührt ist der ganze Raum in neun gleichmäßige Joche zerlegt, die auf den schlichten Wandpfeilern ebenfalls kreuzgewölbt sind. Gurte und Rippen sind konstruktiv betont. Im Übrigen herrscht völlige Nüchternheit, die durch den gleichmäßig weißen Anstrich noch verschärft wird. Einen auffallenden Gegensatz zur Strenge und Nüchternheit der inneren Architektur bildet die glänzende und prunkvolle Ausstattung, durchaus einheitlich im Barock, dem Stil der Erbauungszeit, durchgeführt mit virtuoser Holzschnitzerei, Bemalung und reicher Vergoldung. Als Stimmungston ist ein blauweißer Marmorgrund gewählt, von welchem sich die vergoldeten Ornamente und die weißen Figuren kräftig abheben. Die Auswahl der Schmuckelemente wie z.B. Bandelakath, Urnen, Marmornachahmung und südländische Blumen lassen auch hier den Einfluss ausländischer Künstler erkennen. (Gegenstück Klosterkirche Hadmersleben – einheimische Künstler) Der Hochaltar füllt die ganz Chorbreite, ein mächtiger nach der Mitte zurückweichender Fassadenbau. Auf hohem durch ein Gesims geteiltem Sockel steht eine Wand, deren Rückspringen mit Nischen und Rundsäulen gefüllt sind. In den Nischen stehen lebensgroße Schnitzfiguren, links St. Andreas, (Andreaskreuz) der Patron der Kirche, die 1259 bei Klostergründung schon vorhanden war, aber dann Maria geweiht wurde. Rechts daneben St. Benedikt, der Vater des Abendländischen Mönchtums, mit den Insignien Hirtenstab und Kelch mit Giftschlange. Auf der rechten Seite Bernhard von Clervaux der Ordensstifter der Zisterzienser mit den Leidenswerkzeugen, rechts daneben, mit dem Schild und Speer, St. Mauritius der Patron des Bistums Magdeburg. In der Mitte über dem Altar ein zeltartiger Tabernakel, dessen Dach durch Akanthvoluten gebildet wird, obenauf ein Pelikan das Sinnbild der Liebe Christi zu den Seinen. Neben dem Tabernakel je ein Engel mit Rauchfass und Herz. Weil der Titel der Kirche die Aufnahme Maria in den Himmel ist, stellt ein ungewöhnlich gutes Gemälde in der Altarmitte die Himmelfahrt Mariens dar. Dementsprechend atmet der ganze Aufbau des Altars helle Freude, Engel mit Zepter und Krone begrüßen Maria bei der Aufnahme in den Himmel. Ein breites Gebälk schließt den Unterbau, überbrückt von einem Flachgiebel, auf einem Lehnstuhl thront (Marienstuhl), darunter das Wappen der Äbtissin Margaretha Müller (drei Gürtelschnallen in weißem Feld) sowie ein Schriftband mit Namen der Äbtissin und Jahreszahl 1737. (Vollendung des Hochaltars) Als Krönung des Hochaltars dient das Zeichen JHS in einer Sonne, daneben zwei betende Engel. Neben der Gottesmutter sind noch die Patrone der Erbauerinnen der Kirche Katharina (mit Rad) und Margaretha (mit Adler). Alle freien Flächen sind mit Badelakanth in reichster beweglicher Zeichnung versehen und alle Figuren voll Grazie und Bewegung. Die beiden Nebenaltäre wiederholen bei entsprechender Verkleinerung den Aufbau des Hauptaltars, sind jedoch der Ordensregel der Zisterzienser entsprechend besonders der Verehrung des Leiden Jesu und der heiligen Familie gewidmet. Auf dem rechten Nebenaltar stehen die halblebensgroßen Figuren des hl. Johannes von Nepomuk, mit Kruzifix, der als Brückenheiliger wegen der zahlreichen Bodeübergänge einen Platz in der Kirche bekam und der hl. Antonius als Mönch, das Jesuskind auf der Hand tragend dargestellt. Das Gemälde stellt Christus auf dem Ölberg dar, oben die Verspottung. Auf dem linken Seitenaltar stehen der hl. Joachim mit Tochter Maria sowie Josef und Jesus. Auf dem Gemälde die Heilige Familie, oben Gott Vater in einem Engelkranz. Auf beiden Nebenaltären Engel mit Leidenswerkzeugen, reichverzierte Vasen mit Blumen, aus denen Engelsköpfe hervorsehen. Außerortendlich reich und prunkvoll ist die Kanzel behandelt, frei an der Südseite durch eine Stiege in der Mauerdicke zugänglich. Am Korbe sind die Felder mit Ornamentschnitzereien gefüllt, an den Ecken stehen die vier Evangelischen lebhaft bewegt an den Symbolen Johannes-Adler, Markus-Löwe, Lukas-Stier, Mathäus-Buch zu erkennen. Der Schalldeckel ist geradezu üppig aus Gebälk, gebrochenen Rundgiebeln und offenem Tabernakel entwickelt, bekrönt mit Maria auf dem Erdball stehend, dabei die Schlange als Symbol des Bösen zertretend. Die unteren Glieder sind mit Engelchen besetzt, die Symbole des Lobgesanges Mariens; Haus-goldenes Haus, Waage-Spiegel der Gerechtigkeit, Turm-Turm Davids, Tor-Pforte des Himmels, in den Händen tragen. Die Brüstung der Orgelbühne ist vor und zurückgeschwungen, durch Pilaster unterteilt und in den Feldern mit reichen und graziösen Schnitzereien von Bandelakath gefüllt, welche von Vasen ausgehen. Am unteren Rande Gehänge von Tüchern und Quasten. Unter der Orgelbühne, an der Westseite, ein Beichtstuhl mit der Jahreszahl 1738, ebenfalls mit feinem Bandelwerk versehen. Der Orgelprospekt in der Mitte mit einer Doppelreihe, an den Seiten mit einreihigen großen silbernen Pfeilen versehen, wird von einem Gesims bekrönt auf dem 3 musizierende Engel stehen, über dem Manual das Wappen der Äbtissin Margaretha Müller. Der Marienaltar an der Rückseite der Orgel ist ähnlich aufgebaut wie der Hochaltar. In der Mitte thront eine gotische Gnadenmadonna (ca. 1450), die wegen ihrer besonderen Verehrung als einzigste Figur aus der Vorgängerkirche übernommen wurde. Um den Marienaltar gruppiert, das schlichte Nonnengestühl mit 32 Sitzen. Hier hatten die Schwestern ihren eigenen Chorraum, der ehemals auch von der Klausur her zugänglich war. (Nische in der Südwand) An Stelle eines Uhrenpositivs befindet sich heute an der Westseite über dem Eingang zum Turm ein Gemälde aus dem Jahre 1743. In Lebensgröße sind die Äbtissin Margaretha Müller und 23 Konventallien, die sich unter den Schutzmantel der thronenden Gottesmutter stellen, dargestellt. In der Mitte, unter dem Titel des Bildes –Sub tuum präsidium- eine Urkunde mit dem Namen der damaligen Schwestern und ihren Titeln (Äbtissin, Priorin, Kellarin, etc.) Obwohl bei der barocken Neuausstattung keine Gegenstände aus früherer Zeit übernommen wurden, können heute wieder einige ältere Kunstwerke in der Kirche bewundert werden. So ein sehr schönes 2,50 m hohes Kruzifix aus dem Jahre 1330, mit großer Wahrscheinlichkeit das Altarkreuz der gotischen Vorgängerkirche. Das Gesicht des sterbenden Christus weist noch nicht die schmerzverzerrten Züge späterer Kreuzigungsdarstellungen auf und fesselte den Betrachter durch seine hingebungsvolle Ausstrahlung. Die vier Enden sind mit ikonenartigen Bildern verziert, - Maria und Johannes, oben Gottvater, unten ein Priester, der als Symbol der Eucharistie das Blut Jesu in einem Kelch auffängt-, die noch in ursprünglicher Farbfassung erhalten sind. Der Rennaisancetaufstein, der sich heute in der Klosterkirche befindet, wurde im Jahre 1605 für den evangelischen Teil der Kirche (1577-1730 Simultankirche) geschaffen und 1730 in die vom Kloster für die evangelische Gemeinde erbaute Katharinenkirche mitgegeben. Nach deren zunehmenden Verfall wurde dieser jedoch im Jahre 1965 wieder in die Klosterkirche zurückgeführt. Die Umschrift auf dem Rand teilt uns die Namen der damaligen Äbtissin, Anna Krachen, und des Propstes Bartholomäus Söchting sowie die Jahreszahl 1605 mit. Das Becken ist mit Beschlagornamenten und Engelsflüchten am Fuß mit Löwenköpfen verziert. Der spitzkeglige Deckel wurde 1970 nach Entwürfen des Pfarrers, Johannes Kruse von Heinrich Apel, geschaffen. In halbplastischer Darstellung 4 biblische Themen-Paradies, Mose mit der Bundeslade, Durchzug der Israeliten durch das rote Meer, Gleichnis vom Sämann-, an der Spitze das Liliensymbol. Außerdem an Bildwerken noch eine 40 cm große, goldgefasste Pieta von 1450 sowie eine halblebensgroße Madonna mit Kind nach süddeutschem Stil, deren Herkunft ungeklärt ist. Eine 80 cm große Figur des Johannes Evangelisti vor dem Ambo dient nur der Verzierung desselben und ist ohne künstlerische Bedeutung. Die in der Kirche vorhandenen Grabplatten von Äbtissinnen und Pröpsten sowie des Stifterehepaares Jutta von Blankenburg und Otto von Hadmersleben (1274 vert.) wurden leider bei der Neugestaltung des Fußbodens verdeckt. Nur in der Unterkirche finden wir noch 2 Grabplatten der Pröpste Streicher und Witte, die nach Zisterzienserart in Ritzzeichnungen erhalten sind. Die einzige von ehemals 4 Glocken, die alle Kriege überlebt hat, stammt aus dem Jahre 1734, der Durchmesser beträgt 74 cm. An der einen Seite das Wappen der Äbtissin Margaretha Müller darunter eine Inschrift „Anna Margaretha Müller, Sedis Marianae Prope Egeln“, am Rand „Gross mich Peter Becker in Halle“. Auf der anderen Seite das Marienstuhlbild und der Text „In te findentes pia virgo ivvato clientes Te sonito laeto virgo Maria peto, Clangens orabo te, Virgo Maria sonabo, Quando pulsor, ave, si sono Virgo fave. Quellen (Bergner, Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler der Provinz Sachsen, Berlin 1912)
Mühlenstr.
39435 Egeln
(0151) 40337801 Kirchenführerin Petra Duballa
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Führungen nach Voranmeldung über Frau Duballa 0151 40337801 oder bei kompletten Stadtführung im Museum 32194
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